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Schultoiletten
Es stinkt zum Himmel, aber nicht überall
Klebriger und verdreckter Fußboden, verschmierte Türen, weder Seife noch Toilettenpapier, übler Gestank – so oder so ähnlich präsentieren sich leider viele Schultoiletten in Deutschland. Die German Toilet Organization – die gibt es wirklich – prangert das an, völlig zu Recht. Sie ermutigt aber auch zu tollen Gegenbeispielen.
Zugegeben – es klingt ein bisschen wie eine Meldung aus dem Online-Satiremagazin Der Postillon: Die German Toilet Organization (GTO) nutzte diesen regenreichen Sommer, um zu einem bundesweiten Schultoiletten-Gipfel einzuladen. Kräfte aus Politik und Wissenschaft sollten versuchen, „Probleme rund um den Brennpunkt Klo“ endlich in den Griff zu kriegen. Was wie Satire daherkommt, ist aber leider bittere Wahrheit, vor allem für viele Schülerinnen und Schüler. Toiletten an öffentlichen Schulen sind häufig eine Zumutung.
Deutschland – ein Entwicklungsland
Die Idee zur Gründung der GTO entstand 2005, nachdem ein Tsunami Südostasien heimgesucht und ganze Landstriche, z.B. in Thailand, Indonesien und Sri Lanka, verwüstet hatte. Die Organisation wollte bei der schnellen Versorgung der betroffenen Gebiete mit Sanitärlösungen behilflich sein. Inzwischen richtet sich der Blick der GTO immer mehr auch nach Deutschland. Man erkannte großen Bedarf, die Situation auch hierzulande zu verbessern. Ist Deutschland etwa, so könnte man ketzerisch fragen, ein Entwicklungsland?
Bezüglich der Schultoiletten muss man die Frage leider mit Ja beantworten. Schon lange vernehmlich ist die laute Klage junger Leute, die mit den Sanitäranlagen ihrer Schulen nicht zufrieden sind. Seit kurzem gibt es dazu auch belastbares Zahlenmaterial.
Schulnote 4,4
In Berlin wurde eine flächendeckende Untersuchung über den Zustand der Schulklos in Auftrag gegeben. Das Ergebnis ist erschütternd: Nicht einmal die Hälfte der befragten Schulleitungen (41,2 Prozent) stimmten der Aussage zu, dass an ihrer Schule „alle Sanitäranlagen aktuell vollständig funktionell“ seien. 46 Prozent der Schüler*innen gaben an, die Toiletten nicht aufzusuchen, sogar 85 Prozent vermeiden demnach das „große Geschäft“. Schülerinnen und Schüler der neunten Klassen, die ihre Toiletten bewerten sollten, vergaben im Schnitt die Schulnote 4,4.
Das ganze Ausmaß des Skandals wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Jugendliche in der Schule teilweise kein Wasser trinken und keine Nahrung zu sich nehmen – aus dem alleinigen Grund, um hinterher nicht auf die Toilette gehen zu müssen. Vernachlässigte Klos setzen eine Spirale von Problemen in Gang und können im ungünstigsten Fall gesundheitsschädlich sein.
Die Studie ergab auch, dass der Vandalismus von Schüler*innen, der sich gegen Schultoiletten richtet, immer dann besonders groß ist, wenn die Schulen bzw. die Kommunen die Sanitäranlagen nur unzureichend reinigen lassen. Das passiert leider nicht nur in Berlin, sondern in vielen deutschen Städten. Die Kommunen sparen an der völlig falschen Stelle und lagern die Reinigung der Toiletten an externe Unternehmen aus. Die unterbieten sich im Preiskampf gegenseitig und tun oft nur das Allernötigste. Entsprechend eklig präsentieren sich die Schulklos. Es stinkt zum Himmel…
Auch so können Schultoiletten aussehen:
Realschule Wolbeck in Münster
Discokugel, Pflanzen, Kronleuchter
… aber – zum Glück – nicht überall! Wird mehr geputzt, wird auch weniger kaputt gemacht. Diese Erkenntnis der German Toilet Organization spornt seit einiger Zeit Schulen überall in Deutschland dazu an, die Misere selbst zu beseitigen. Die GTO fördert dies, indem sie zum Wettbewerb „Toiletten machen Schule“ einlädt und die schönsten und saubersten Schultoiletten prämiert. Einen Sonderpreis gewann etwa die Robert-Koch-Schule in Offenbach. Schon 2022 formierte sich hier die Arbeitsgruppe „Lokus im Fokus“, um den Problemen abzuhelfen. Vier Vormittage in einer Projektwoche wurde intensiv geschrubbt, außerdem wurden Türrahmen lackiert und Pflanzen aufgestellt. Es folgten unter anderem ein bodentiefer Spiegel und ein Schminktisch. Das Echo war äußerst positiv: „Es riecht gut, es sieht mega aus, und ich liebe die neuen Toiletten“, hieß es etwa.
Mit geputzten Spiegeln, sauberen Böden und neuen Bildern an den Fenstern machen auch die Toiletten in der Laagbergschule in Wolfsburg auf sich aufmerksam. Diese Räume scheut nun niemand mehr. Ältere Schüler haben sich außerdem bereit erklärt, den Erstklässlern die richtige Benutzung der Toilette zu zeigen.
Richtige Pioniere bei der Verschönerung ihrer Toiletten sind die Schüler*innen der Realschule Wolbeck im Südosten von Münster. Hier brachten sich junge Leute schon 2010 mit guten Ideen selbst ein. Ausgestattet wurden die Toiletten hier mit einem Kronleuchter, Diskobeleuchtung, Schülerkunst und einer Musikanlage, die Radiohören ermöglicht. Schüleraufsichten wachen gerne darüber, dass alles schön bleibt.
Von A bis Z eine saubere Sache!
Toiletten machen Schule
Die Beispiele der umgestalteten Toiletten sind beeindruckend und mutmachend. Es lohnt sich, für eine schönere Umgebung Ideen zu sammeln. Gleichzeitig sollten die Kommunen immer in die Pflicht genommen werden. Es ist vornehmlich ihre Aufgabe, an den Schulen für saubere Toiletten und menschenwürdige Zustände zu sorgen.
Im Januar 2025 startet wieder der Wettbewerb „Toiletten machen Schule“ der GTO. Wer daran teilnehmen möchte, sollte aber nicht bis dahin warten, sondern sich möglichst bald Gedanken darüber machen, wie man die Situation auf den Schulklos verbessern könnte. Nichts geht über eine gute Vorbereitung. Eine Anleitung, wie man am besten vorgeht, und alles Weitere zum Wettbewerb hier.