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Neue Berufe

Wegweisende Tätigkeiten

Wir alle kennen inzwischen den Hashtag #MeToo. Welche schrecklichen Folgen der Klima­wandel auch bei uns haben kann, wissen wir spätestens seit einigen Wochen. Das Artensterben bewegt und erschreckt uns. Wenn gesellschaftliche Veränderungen auch neue Berufe kreieren, wird dies jedoch nicht immer sofort beachtet. Ein kleines Update an drei Beispielen.

 

Michaela Coel ist eine britische Schauspielerin und Filmemacherin ghanaischer Abstammung. Ihr Name wurde dem deutschen Publikum erst im Sommer 2021 bekannt, als sie für ihre BBC-Serie I May Destroy You den begehrten Bafta-TV-Preis erhielt. Coel ver­arbeitete in den 12 Episoden eine wenige Jahre zuvor er­littene Vergewaltigung mit dem Einsatz von K.o.-Tropfen. Ihre Auszeichnung widmete sie ihrer Intimitäts­koordinatorin. Nicht nur Coels Namen, sondern auch dieses Wort musste man in Deutschland erst einmal lernen. 

 

Die Arbeit der Intimitätskoordinatorin Ita O’Brien sei essenziell für ihre Serie gewesen, sagte Coel. Ihre Aufgabe bestand darin, die Schauspieler*innen sicher durch Kussszenen oder Szenen mit Nacktheit und auch Gewalt zu geleiten, als eine Art Choreografin für Filmabschnitte mit psychischem Verletzungs- und Missbrauchsrisiko. Die Künstler*innen, so ein Ziel, sollten dabei nicht ihre eigene Sexualität preisgeben müssen. Privates und Rolle sollten immer strikt unterschieden werden.

 

In Deutschland gibt es erst eine einzige Intimitätskoordinatorin, die für klare, transparente Kommunikation am Filmset sorgt: die Schauspielerin Julia Effertz, die direkt bei Ita O’Brien gelernt hat. In Zukunft wird es ihren Job sehr viel öfter geben, da ist sie sich sicher: „Ich merke: Das Bewusstsein ist langsam da. Wir sind auf dem Weg“.

 

Ähnlich wegweisend ist schon jetzt die Arbeit von Biotop-Managern. Über 900 Biotoptypen gibt es laut Bundes­amt für Naturschutz allein in Deutschland – darunter Wälder, Moore, Gewässer, Auen, Steilküsten und Strände. Jede dieser Landschaften hat ihren besonderen Wert für das ökologische Gleichgewicht. Wenn der Mensch in dieses System eingreift, was allzu häufig
passiert, können die Folgen verheerend sein. 

 

Biotop-Managerinnen und Biotop-Manager sind mit der Pflege und mit dem Erhalt der Schutzgebiete befasst und bewahren die Diversität für zukünftige Generationen. Sie werden überraschend vielfältig eingesetzt: in Kommunen, in Planungsbüros, in der Wissenschaft, ja selbst bei Übertragungsnetzbetreibern und an Flughäfen. Einen klar definierten Weg in diese Tätigkeit gibt es nicht, aber zielführend sind Ausbildungen in Berufen rund um den Umwelt- und Naturschutz (mit Weiterbildungen an Umweltinstituten) sowie ein Studium der Biologie oder Agrar­wissenschaft.

 

Auch beim Bikefitting geht es in gewisser Weise um das Gleichgewicht. Die Expert*innen, die dieser neuen Tätigkeit nachgehen, justieren Sitzpositionen auf dem Rad so aus, dass Material – Oberrohr- und Steuerrohrlänge, Lenkerbreite, gegebenenfalls Abstand der Armpads etc. – und Körper in einem möglichst guten Verhältnis zueinanderstehen. 

 

Wenn ein Bikefitter seine Arbeit gut macht, beugt er oder sie potenziellen Schmerzen vor und mindert auch das Verletzungsrisiko. Das Angebot richtet sich an Breiten- wie Leistungssportler; Letztere dürfen bei gutem Bikefitting zudem hoffen, dass sie ihre sportliche Performance verbessern. Kritische Zeitgenossen sprechen mitunter abschätzig von Drahteselflüsterei, aber seriöse Radlabors und andere Einrichtungen beschäftigen Menschen mit sportwissenschaftlichem Background. Sollte sich der derzeitige Fahrrad-Boom fortsetzen, wofür manches spricht, werden sie viel Arbeit haben!